Unterzeichnet = auf ewig gebunden? – Änderungsrechte und -pflichten bei Rahmenverträgen

Der Rahmenvertrag stellt in der deutschen und internationalen Wirtschaft ein beliebtes Mittel dar, um die rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Unternehmen möglichst komprimiert und für eine Vielzahl von Fällen, nämlich die späteren Ausführungsverträge, zu regeln.

 

Neben den klassischen Fehlern, wie z. B. der Nichtbeachtung des AGB-Rechts bei der Gestaltung des Rahmenvertrages, undurchdachten Laufzeit- und Kündigungsklauseln und anderen Klassikern, hat sich gerade in Zeiten von Preisexplosionen und zerrissenen Lieferketten am Markt ein entscheidender Nachteil des Rahmenvertrages herausgestellt, den viele Unternehmen nicht auf dem Radar hatten.

So herrschte der Glaube vor, dass der möglichst langfristig abgeschlossene Rahmenvertrag das Unternehmen weitgehend vor zukünftigen Sorgen schütze, da im Rahmenvertrag alles für die rechtliche und kommerzielle Interaktion mit dem Vertragspartner geregelt sei. Der beste Rahmenvertrag sei derjenige, den man langfristig in die Schublade legen könne und nicht mehr herausholen müsse, wird in der Wirtschaft vielfach kolportiert.

 

Aber, oh weh! Was passiert, wenn sich die rechtlichen oder wirtschaftlichen Rahmenbedingungen am Markt ändern, wie zuletzt im Zuge der Chipkrise, der Containerkrise, der Unterbrechung von Lieferketten oder der Preisexplosion bei Vorlieferanten? Plötzlich stellten viele Unternehmen fest, dass sie an langfristige, scheinbar unveränderliche Vertragsbedingungen gebunden waren und sich der ursprüngliche Vorteil des Rahmenvertrages in einen eklatanten Nachteil verwandelt hatte.

 

Häufig findet sich in den in der Wirtschaft verwendeten Vertragsmustern weder eine empfehlenswerte, in Anlehnung an § 313 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) formulierte Klausel, nach der bei Änderungen der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen eine Vertragsanpassung vorzunehmen ist – und zwar auch dann, wenn diese zumindest abstrakt vorhersehbar sind oder eine Partei (jedenfalls aufgrund der bei Vertragsschluss vorhersehbaren Umstände) das Risiko der Leistung oder Gegenleistung übernommen hat. Häufig fehlt es auch an sorgfältig formulierten AGB-rechtlich zulässigen Kündigungsrechten für diese Fälle, die wegen des grundsätzlichen Bindungswillens der Vertragsparteien auf bestimmte Zeit nur als außerordentliche Kündigungsrechte formuliert werden können.

 

Viele Unternehmen verlassen sich darauf, dass ihnen in solchen Situationen Höherstufungsklauseln oder der gesetzliche Grundsatz der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) weiterhelfen. Dies ist jedoch häufig ein Trugschluss!

 

So stellt die Rechtsprechung klar, dass unter höhere Gewalt nur solche Ereignisse fallen, die nicht vorhersehbar waren. Dies dürfte aber in der heutigen volatilen Wirtschaftslage bei einer Vielzahl von Störfällen nicht der Fall sein. So sind z.B. kriegerische Auseinandersetzungen, wie z.B. der Taiwan-Konflikt, oder sich abzeichnende logistische Probleme bei der absehbaren Blockbildung von Staaten oder Staatengemeinschaften heute durchaus vorhersehbar.

 

Zudem führt der Tatbestand der höheren Gewalt, auch wenn er in einem Rahmenvertrag verortet ist, regelmäßig nur zu einer Leistungsfreiheit, bestenfalls zu einem Rücktrittsrecht vom Vertrag. Dies ist aber nicht das Ziel des Unternehmens, das den Vertrag regelmäßig fortsetzen will, allerdings nur zu angemessenen Bedingungen.

 

Auch für den Tatbestand der Störung der Geschäftsgrundlage gilt daher, dass solche Szenarien, soweit sie als Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Tatbestandes überhaupt von Bedeutung sind, bei ihrer Vorhersehbarkeit unbeachtlich sind.

 

Eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage scheidet im Übrigen immer dann aus, wenn die Partei, die sich darauf berufen will, das Leistungsrisiko zu festen Konditionen übernommen hat. Eine solche Risikoübernahme findet sich in einer Vielzahl von Rahmenverträgen der deutschen und internationalen Wirtschaft im Wege der Vertragsauslegung, was zum Teil auf recht unbedachte Vertragsformulierungen zurückzuführen ist.

 

Aus Compliance-Gründen ist es für die verantwortliche Unternehmensleitung bei Änderung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse zur Vermeidung eigener Haftungsansprüche gegebenenfalls geboten, zu prüfen, inwieweit eine Vertragsanpassung verlangt werden kann und diese dann auch durchzusetzen. Dies unverzüglich nach Eintritt einer der oben beschriebenen Situationen.

 

Darüber hinaus gebietet es Corporate Compliance, Verträge so zu gestalten, dass den vielfältigen Gegebenheiten und dem – im Vergleich zu früheren Verhältnissen – wesentlich volatileren Wirtschaftsgeschehen angemessen und rechtssicher Rechnung getragen wird. Dies setzt nicht nur ein entsprechendes Problembewusstsein voraus, sondern auch die Kenntnis, wie sich dies rechtlich, z. B. unter Berücksichtigung des AGB-Rechts, tatsächlich abbildet.

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