Product Compliance Essentials – Einführung des Rechts auf Reparatur in der EU

Christian Thomas

Das Europäische Parlament hat am 23. April 2024 die Richtlinie zur Förderung der Reparatur defekter oder mangelhafter Waren angenommen. Kern der Richtlinie ist das sog. Recht auf Reparatur, das es Verbrauchern ermöglichen soll, die Reparatur bestimmter Produkte während und auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist direkt von dem Hersteller sowie unter Umständen auch von Importeuren und Händlern zu verlangen.

 

Hersteller werden künftig zur Reparatur ihrer Produkte verpflichtet. Zudem werden ihnen weitere Verpflichtungen übertragen, die auf eine generelle Förderung der Reparierbarkeit und Reparatur zielen. Im Ergebnis gehen mit der Richtlinie weitreichende Rechtsänderungen und vor allem eine deutliche Erweiterung des Pflichtenkreises der Hersteller einher. Die betroffenen Wirtschaftsakteure sollten sich daher möglichst frühzeitig mit der konkreten Umsetzung beschäftigen.

 

 

– Sechster Beitrag der Blogreihe „Product Compliance Essentials“ mit Christian Thomas

 

Worum geht es beim Recht auf Reparatur?

 

Nach Angaben der Europäischen Kommission entstehen in der EU bei der vorzeitigen Entsorgung noch brauchbarer Konsumgüter pro Jahr 261 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent. Dabei werden 30 Mio. Tonnen Ressourcen verbraucht und 35 Mio. Tonnen Abfall verursacht. 

 

Daher hat die Europäische Kommission vor rund einem Jahr den Vorschlag für diese Richtlinie vorgelegt. Ziel ist es, die gegenwärtigen Geschäfts- und Verhaltensmuster, die durch einen häufigen Austausch und vorzeitiges Wegwerfen von Produkten gekennzeichnet sind, abzuschwächen. Die Förderung der Reparatur von Produkten soll Verbrauchern Kosteneinsparungen ermöglichen und die Entwicklung einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft erleichtern.

 

 

Was genau ist das Recht auf Reparatur?

 

Die neue EU-Richtlinie gibt Verbrauchern das Recht, in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallende defekte Geräte zukünftig vom Hersteller reparieren zu lassen. Eine Reparaturpflicht soll so lange bestehen, wie die Reparatur nicht tatsächlich oder rechtlich unmöglich ist. Die Reparatur eines Produkts darf nicht aus rein wirtschaftlichen Gründen oder deswegen verweigert werden, weil es vorher von jemand anderem repariert wurde. Hersteller müssen mithin auch Reparaturen für ältere Geräte anbieten und Ersatzteile kostengünstig und hinreichend lange vorhalten. Darüber hinaus werden Hersteller verpflichtet, standardisierte Informationen (Anleitungen) bereitzustellen, um auch unabhängigen Werkstätten die Reparatur zu ermöglichen (kein Exklusivrecht des Herstellers aus Reparatur).

 

 

Für welche Produkte gilt das Recht auf Reparatur?

 

Die Produkte, für die das Recht auf Reparatur gelten soll, sind in Anhang II der neuen EU-Richtlinie aufgelistet. Bislang handelt es sich dabei um alle Produktkategorien, bei denen die EU bereits in anderen Rechtstexten (namentlichen insbesondere in Ökodesign-Rechtsakten) Anforderungen an die Reparierbarkeit festgelegt hat. Konkret sind dies u.a. Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspülmaschinen, Kühlgeräte, Staubsauger sowie Handys und Tablets. Die EU-Kommission kann – und wird – die Liste mittels delegierter Rechtsakte um weitere Produkte ergänzen. Insofern ist eine Harmonisierung dahingehend geplant, dass die EU-Kommission zukünftig aufgrund der neuen Ökodesign-Verordnung Anforderungen an die Reparierbarkeit für weitere Produktgruppen einführt und diese dann auch in die Liste der Produkte, die unter die Richtlinie über das Recht auf Reparatur fallen (Anhang II der Richtlinie), aufnimmt.

 

 

Welche Pflichten treffen den Hersteller eines Produkts?

 

Aufgrund der neuen Vorschriften werden (im Ausgangspunkt) Hersteller verpflichtet, Reparaturen anzubieten und Verbraucher über das Recht auf Reparatur zu informieren. Es wird ein entsprechender Anspruch gegenüber den Herstellern eingeführt. Die Reparaturpflicht besteht demnach sowohl während als auch nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist. Die Hersteller werden außerdem verpflichtet, reparaturbezogene Informationen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sowie voraussichtliche Kosten anzugeben. Ersatzteile und Werkzeuge müssen zu angemessenen Preisen zur Verfügung gestellt werden. Zugleich dürfen die Hersteller keine Vertragsklauseln, Hardware- oder Softwaretechniken verwenden, die eine Reparatur behindern.

 

 

Bei Drittstaatenherstellern mit Sitz außerhalb der EU gehen die Herstellerpflichten auf EU-Wirtschaftsakteure über. Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie sieht vor, dass der EU-Bevollmächtigte des Drittstaatenherstellers dessen Pflichten übernimmt. Sofern – was praktisch häufig der Fall ist – der Hersteller keinen Bevollmächtigten in der EU förmlich bestellt hat, soll der Einführer, der die Produkte in der EU in Verkehr bringt, für die Erfüllung der Herstellerpflichten verantwortlich sein. Entsprechend sind nicht nur Produkthersteller unmittelbar von dem Recht auf Reparatur betroffen, sondern auch zahlreiche weitere Wirtschaftsakteure entlang der Lieferkette. 

 

 

Wirkt sich eine Reparatur auf die Gewährleistung aus?

 

Bei Geräten, die innerhalb der Gewährleistungsfrist und damit im Rahmen der Nacherfüllung repariert werden, soll sich die gesetzliche Gewährleistung um 12 Monate verlängern. Das generelle Wahlrecht des Käufers zwischen Nachbesserung und Nachlieferung bleibt davon jedoch unberührt.

 

 

Wann tritt das Recht auf Reparatur in Kraft?

 

Nach dem Beschluss des Europäischen Parlaments steht nur noch die Zustimmung der Mitgliedstaaten im Rat der EU aus. Sobald diese erfolgt ist (damit ist kurzfristig zu rechnen), wird die Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Die einzelnen Mitgliedstaaten haben dann 24 Monate Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

 

Über die konkreten Anforderungen hinaus muss jeder EU-Staat zudem mindestens eine Maßnahme zur Förderung von Reparaturen einführen. Dies kann zum Beispiel die Ausgabe von Garantie-Gutscheinen sein, bei denen sich der Staat an den Reparaturkosten beteiligt. Auch Informationskampagnen, Reparaturkurse oder steuerliche Vorteile für Reparaturdienstleistungen sind mögliche Maßnahmen. Es bleibt abzuwarten, was sich der nationale Gesetzgeber diesbezüglich einfallen lässt.

 

 

Was sollten Unternehmen jetzt beachten?

 

Nicht nur die Hersteller von Produkten, die aktuell in Anhang II der Richtlinie aufgeführt sind, sollten die Umsetzung der unionsrechtlichen Vorgaben in mitgliedstaatliches Recht sehr genau beobachten, um die konkrete Ausgestaltung der Pflichten zu kennen. Diese Pflichten werden in vielen Fällen auch den Einführer bzw. Inverkehrbringer treffen, wenn es sich um Produkte eines Drittstaatenherstellers handelt. Unter bestimmten Umständen kommt auch eine Verantwortlichkeit des Händlers in Betracht. Das Recht auf Reparatur ist daher praktisch sehr relevant und bringt Herausforderungen für die betroffenen Wirtschaftsakteure mit sich.

 

Es kann daher nur empfohlen werden, sich frühzeitig mit dem Thema vertraut zu machen. Es wird u. a. spannend sein zu beobachten, wie der Gesetzgeber das Zusammenspiel von Sachmängelgewährleistungsrechten gegen den Verkäufer und von eigenständigen Rechten gegen den Hersteller in Einklang bringt und ob bzw. in welchem Maße dies zur Disposition steht.

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